Dodo-Rekonstruktion im Muséum national d’histoire naturelle in Paris, Frankreich
Diese Nachbildung des Dodos ist das Ergebnis einer interpretativen Arbeit auf Grundlage historischer und wissenschaftlicher Forschungen: Zeugnisse, Darstellungen und Knochen. Es gibt kein präpariertes Exemplar der Art. Der Vogel wurde von der Künstlerin Camille Renversade geschaffen und in Zusammenarbeit mit den Präparationswerkstätten des Museums realisiert. (© Doreen Fräßdorf, fotografiert im Muséum national d'histoire naturelle in Paris, Frankreich, 2024)

Dodo

Dead as a dodo

Der mit den Tauben (Columbidae) verwandte Dodo ist das wohl bekannteste Beispiel einer durch den Menschen ausgerotteten Tierart. Rezeptionen des Vogels etwa in Literatur und Malerei sind häufig, so etwa im dritten Kapitel des Kinderbuches Alice im Wunderland (1865) von Lewis Carroll oder in den Gemälden des flämischen Malers Roelant Savery.

Über den Dodo von Mauritius, auch bekannt als Dronte, wurde wohl mehr als über jede andere ausgestorbene Vogelart geschrieben. Trotz seiner Berühmtheit und des großen Interesses, das er auf sich zieht, wissen wir überraschend wenig über ihn. Weltweit existiert kein vollständig erhaltenes Skelett, und vieles über seine Lautäußerungen, sein Erscheinungsbild, sein Verhalten und sogar den Ursprung seines Namens bleibt bis heute spekulativ.

Dodo-Rekonstruktionen
Nachbildungen im Natural History Museum in Tring, England. Der Weiße Dodo oder Réunion-Dodo galt jahrhundertelang als ein wissenschaftliches Rätsel. (© Doreen Fräßdorf, fotografiert im Natural History Museum in Tring, England, 2024)

Frühere Darstellungen zeigen den Vogel als massigen, fetten und plumpen Vogel mit armseligen Flügelstümpfen. Und auch die Namensgebung spricht nicht gerade für einen majestätischen Vogel: „Dodo“ könnte vom portugiesischen Wort „doudo“ abgeleitet sein, was „Einfaltspinsel“ oder „Trottel“ bedeutet. Nach den Portugiesen, die die Maskarenen-Insel Mauritius 1506 oder 1507 entdeckten, kamen die Holländer dorthin und nannten die Vögel „Dronten“. Auch das Artepitheton des früheren wissenschaftlichen Namens Didus ineptus, was auf Lateinisch „dumm“ bedeutet, spiegelt das negative Bild wider, das die Wissenschaft lange vom Dodo hatte.

Neuere Forschungen aus dem Jahr 2024, durchgeführt von den Evolutionsbiologen Mark T. Young und Neil J. Gostling, zeigen jedoch, dass unser bisheriges Bild des Dodos überarbeitet werden muss. Knochenanalysen belegen, dass die Sehne, die seine Zehen schloss, außergewöhnlich stark war, ähnlich wie bei heutigen Kletter- und Laufvögeln. Dies weist darauf hin, dass der Dodo ein aktiver, schneller Läufer war – ganz im Gegensatz zu den alten Darstellungen von fetten, schwerfälligen Vögeln, die vergeblich versuchten, sich vor dem Menschen durch Flucht in Sicherheit zu bringen.

Die Vorstellung, dass Dodos aktiv und schnell waren, wird auch durch einen Bericht eines niederländischen Seemanns aus dem Jahr 1631 gestützt, der einen solchen Vogel beobachtete. Darin heißt es:

„Sie sind äußerst gelassen oder majestätisch, sie präsentierten sich uns mit einem extrem dunklen Gesicht und geöffnetem Schnabel, ihr Gang war flink und selbstbewusst, sie wichen uns kaum aus.“

Der Gesang des Dodo. 2001. S. 354. D. Quammen

Bemerkenswert ist, dass dieser Zeitzeuge die Dronte nicht als hässlich, dumm oder fett beschreibt, sondern ihn mit Begriffen wie „gelassen“, „selbstbewusst“ und „majestätisch“ charakterisiert. Der flugunfähige Dodo, der oft als Symbol für evolutionäre Unfähigkeit herangezogen wurde, war in Wirklichkeit kein dicker und langsamer Vogel, sondern perfekt an seine Umgebung, die Wälder von Mauritius, angepasst.

Dodo – Steckbrief

alternative BezeichnungenDronte, Doudo, Dudu, Walckvogel
wissenschaftliche NamenRaphus cucullatus, Didus ineptus, Struthio cucullatus, Cygnus cucullatus, Didus nazarenus
englischer NameDodo
ursprüngliches VerbreitungsgebietMauritius (Maskarenen, Indischer Ozean)
Zeitpunkt des Aussterbenszwischen 1662 und 1693
Ursachen für das Aussterbenauf Insel eingeschleppte Tiere, Bejagung
IUCN-Statusausgestorben

Rekonstruktion des Aussehens des Dodos

Zeichnung der Dronte von Carolius Clusius (1605). Es handelt sich um eine Kopie einer Illustration aus van Necks Berichten. (© Carolius Clusius, after van Neck, Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Dodo-Exemplare, die wir heute in Museen sehen, sind nicht wirklich ausgestopfte Tiere, sondern Nachbildungen aus Draht und Gips, die mit Federn anderer Vogelarten versehen wurden. Da nur teilweise erhaltene Skelette und verstreute Knochen des Vogels existieren, sind solche Rekonstruktionen unsere einzige Möglichkeit, sich ein Bild vom Aussehen des Dodos zu machen. Neben diesen Überresten sind wir auf zeitgenössische schriftliche Beschreibungen und eine Reihe von Gemälden und Stichen angewiesen, die bis ins Jahr 1600 zurückreichen und zwischen seiner Entdeckung (1598) und seinem Aussterben (um 1662) entstanden sind.

Ein großes Problem mit diesen alten Darstellungen der Dronten ist, dass sie oft karikaturartig überzeichnet sind, wodurch der Vogel unansehnlich, lächerlich oder gar entstellt dargestellt wird: ein plumper Körper, ein überdimensionierter Schnabel, ein nacktes Gesicht oder ein auffälliger Federkranz auf dem Kopf sind einige Beispiele. Heute nimmt man an, dass die späteren Künstler die früheren ohne Sorgfalt kopiert haben und dass kaum ein Künstler, je einen Dodo in freier Wildbahn angetroffen hat.

Der berühmte Oxford-Dodo

Im Oxford University Museum of Natural History in England befindet sich das einzige bekannte Exemplar des Dodos, das noch Weichgewebe wie Haut und Federn aufweist. Diese Überreste stammen von einer Dronte, die im 17. Jahrhundert nach Europa gebracht wurde, wahrscheinlich als lebendes Tier, das später starb und präpariert wurde. Der Oxford-Dodo gilt als eine der wenigen direkten Quellen, die Forschern helfen, das Aussehen und die körperlichen Merkmale des Dodos zu rekonstruieren.

Oxford Dodo
Das Dodo-Mumienkopf im Natural History Museum in Oxford, England. Es wird vermutet, dass Lewis Carroll bei der Schaffung seiner Figur in Alice im Wunderland (1865) vom Oxford-Dodo inspiriert wurde. (© gnomonic, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)

Der Vogel war einst Teil einer bedeutenden Sammlung, die von den bekannten Sammlern und Naturforschern John Tradescant dem Älteren und John Tradescant dem Jüngeren zusammengetragen wurde. Diese Sammlung, bekannt als Musaeum Tradescantianum, war im England des 17. Jahrhunderts das erste öffentliche Museum und enthielt viele exotische Objekte und Tierpräparate aus aller Welt. Sie wurde auch als Tradescant’s Ark bezeichnet.

Nach dem Tod von John Tradescant dem Jüngeren im Jahr 1662 erbte Elias Ashmole, ein Antiquar und Freund der Familie, die Sammlung. Ashmole schenkte sie 1677 der Universität Oxford, wo sie den Grundstock für das 1683 eröffnete Ashmolean Museum bildete. Im Laufe der Zeit wurde das Dodo-Präparat ins Oxford University Museum of Natural History überführt. Leider zerfiel der Großteil des Exemplars im 18. Jahrhundert aufgrund von Schimmel und Tierfraß, sodass heute nur noch der mumifizierte Kopf mit Schnabel und ein Bein erhalten sind.

Der Dodo: Gefieder, Größe und Gewicht

Die meisten Darstellungen zeigen den Vogel mit einem grauen, blaugrauen oder bräunlichen Gefieder, helleren Schwungfedern und einem Büschel lockiger, heller Federn auf seinem Hinterteil. Wie Julian P. Hume in Extinct Birds (2017) anmerkt, könnte das Gefieder farblich variiert haben. Der Kopf des Dodos war grau und nackt, der Schnabel wies eine Mischung aus Grün, Schwarz und Gelb auf, und die kräftigen Beine waren gelblich mit schwarzen Krallen. Der Schnabel war beeindruckend groß und kräftig, mit einer Länge von über 20 Zentimetern. Seine Flügel waren sehr klein und seine Brustmuskulatur schwach, was ihn flugunfähig machte. Untersuchungen der wenigen erhaltenen Federn am Kopf des Oxford-Dodos zeigten, dass diese eher fest als flaumig waren, ähnlich wie bei anderen Taubenarten.

Der vermutlich älteste Bericht über das Aussehen der Dronte stammt vom holländischen Seefahrer Jacob Cornelius van Neck, der 1598 die Insel Mauritius erreichte:

„(…) eine große Art, größer als unsere Schwäne, mit dickem Kopf, der zur Hälfte von haubenähnlicher Haut bedeckt ist. Diesen Vögeln fehlen die Flügel, an deren Stelle es drei oder vier schwärzliche Federn gibt. Der Schwanz besteht aus ein paar schmalen, gebogenen Federn von grauer Farbe.“

Der Gesang des Dodo. 2001. S. 351. D. Quammen

Seefahrer beschrieben die Vögel manchmal als eher unansehnlich und nur mit Flaum bedeckt, während andere Berichte ihre prächtigen Schwanzfedern lobten. Diese Diskrepanz in den Berichten konnte Delphine Angst 2017 in einer Knochenstudie der University of Cape Town in Südafrika klären. Durch die Analyse der Mikrostruktur der Knochen konnte sie den Lebensrhythmus der Dronten nachvollziehen und entdeckte, dass die Vögel sich im März mausern beziehungsweise ihre Federn abwerfen. Dies erklärt, warum einige Darstellungen den Dodo fast nackt zeigen.

Dodo Roelant Savery 1626
Das bekannteste zeitgenössische und oft kopierte Bild des Dodos, wahrscheinlich vom niederländischen Maler Roelant Savery, stammt aus dem Jahr 1626. (© Possibly Roelant Savery, Public domain, via Wikimedia Commons)

Der Dodo war etwa 62,5 bis 75 Zentimeter groß und wies nach einer Analyse subfossiler Funde einen Geschlechtsdimorphismus auf: Die Männchen waren größer als die Weibchen und hatten vermutlich auch längere Schnäbel. Hinsichtlich des Gewichts variierten die Schätzungen je nach Studie. Der US-amerikanische Ornithologe Bradley C. Livezey schlug 1993 in An Ecomorphological Review of the Dodo and the Solitaire vor, dass männliche Dodos etwa 21 Kilogramm und weibliche Vögel etwa 17 Kilogramm wogen. Diese Schätzungen basierten auf der Länge des Oberschenkelknochens von flugfähigen Taubenvögeln, angepasst an die Flugunfähigkeit und saisonale Fettablagerungen der Dronten.

Angst und ihr Team unternahmen 2011 in The End of the Fat Dodo? einen weiteren Schätzungsversuch anhand der Längen von Oberschenkelknochen (Femur), Unterschenkelknochen (Tibiotarsus) und Tarsometatarsus. Das neu ermittelte durchschnittliche Gewicht des Dodos lag bei 10,2 Kilogramm und war damit deutlich geringer als in früheren Studien. Laut den Autoren unterstützt dieses niedrigere Gewicht die Hypothese, dass zeitgenössische Darstellungen von extrem fetten Vögeln entweder Übertreibungen waren oder auf überfütterten Exemplaren in Gefangenschaft basierten. Bilder von „fetten“ Dodos könnten auch auf Vögel zurückgehen, die ein Balzverhalten mit aufgeplusterten Federn zeigten.

Über die Ökologie des Dodos ist wenig bekannt

Unsere Kenntnisse über die Dronte sind äußerst begrenzt. Informationen zu ihrer Ernährung, Fortpflanzung, den bevorzugten Lebensräumen und ihrer Rolle im Ökosystem sind spärlich und oft nur fragmentarisch dokumentiert. Die wenigen verfügbaren Details stammen überwiegend aus Berichten früher Seefahrer und den wenigen Überresten, die von diesem Vogel gefunden wurden.

Dodo Raphus cucullatus in Rothschilds "Extinct Birds" (1907)
Diese Dodo-Darstellung von Frederick W. Frohawk aus dem Jahr 1905 basiert auf dem Bild von Savery, wobei die Flügel, der Schwanz und der Schnabel teilweise auf Pierre Witthoos‘ Bild des weißen Dodos und teilweise auf anatomischen Untersuchungen beruhen. (© Frederick William Frohawk (16 July 1861 – 10 December 1946), an English zoological artist and lepidopterist., Public domain, via Wikimedia Commons)

Es wird angenommen, dass sich der Dodo vor allem von heruntergefallenen Früchten, Samen und Knollen ernährte. Sein großer Schnabel ermöglichte es ihm, große Früchte zu verschlingen und Fettreserven anzulegen, die ihm halfen, Zeiten der Nahrungsknappheit zu überstehen. Historische Darstellungen und Berichte deuten zum Teil darauf hin, dass die Vögel recht beleibt waren, was im Einklang mit den Fett- und Magerzyklen steht, die bei vielen mauritischen Wirbeltieren, sowohl lebenden als auch ausgestorbenen, dokumentiert wurden.

Wie heutige Tauben und Hühner hatte der Dodo vermutlich einen Kropf oder Muskelmagen. Das bedeutet, er verschluckte kleine Steine oder Kiesel, die im Kropf halfen, harte Nahrung wie Samen, Körner oder festes Pflanzenmaterial zu zerkleinern. Sein scharf gekrümmter Schnabel könnte ihm dabei gedient haben, Stücke aus großen Früchten herauszureißen, die er mit seinen kräftigen Klauen am Boden festhielt.

Laut der Studie von Delphine Angst aus dem Jahr 2017 begann die Brutzeit der Dronten nach einer möglichen Fettzunahme-Phase etwa im August mit der Ovulation der Weibchen. Es wird vermutet, dass die Küken nach dem Schlüpfen schnell auf nahezu erwachsene Körpergröße heranwuchsen und recht bald die Geschlechtsreife erreichten. Die Mauser setzte wahrscheinlich im März ein, wobei zuerst die Federn der Flügel und des Schwanzes ersetzt wurden. Die Mauser wäre demnach bis Ende Juli abgeschlossen gewesen, rechtzeitig zur nächsten Brutzeit. Diese Erkenntnisse passen zu den Beobachtungen moderner Vögel auf Mauritius und werden durch historische Beschreibungen gestützt.

Auch über die Lautäußerungen der Dronten ist wenig bekannt. Ein Zeitzeuge aus dem Jahr 1638 notierte, dass der Vogel ähnlich einer Gans gequäkt habe. Ein niederländischer Seemann berichtete 1662:

„Als wir einen am Bein hielten, stieß er einen Schrei aus, andere rannten herbei, um dem Gefangenen beizustehen, und wurden ebenfalls ergriffen.“

Der Gesang des Dodo. 2001. S. 346. D. Quammen

Der Notschrei eines Tieres ist natürlich nicht mit dem natürlichen Ruf der Spezies zu verwechseln. In Extinct Birds (2000) vertritt Erol Fuller die plausible Theorie, dass das Wort „dodo“ – wahrscheinlich von portugiesischen Seefahrern geprägt – eine lautliche Nachahmung des Rufs des Vogels darstellt. Demnach könnte der Ruf des Dodos aus zwei Tönen bestanden haben, die eine taubenähnliche Lautfolge bildeten und etwa wie „doo-doo“ klangen.

Keine Delikatesse, aber trotzdem bejagt

Jagd auf Dronten
Das 1914 entstandene Bild zeigt, wie Seefahrer Dodos jagen. (© Internet Archive Book Images, No restrictions, via Wikimedia Commons)

Mauritius in seinem ursprünglichen Zustand war eine Insel ohne Landsäugetiere und Menschen – es gab keine Nagetiere, Fleischfresser oder Allesfresser. Einige große Reptilien, wie der Mauritius-Riesenskink, waren zwar vorhanden, stellten jedoch für einen 20 Kilogramm schweren Vogel keine Bedrohung dar. Der Dodo hatte somit keine natürlichen Feinde und entwickelte weder Flucht- noch Verteidigungsverhalten. Auch seine evolutionär bedingte Flugunfähigkeit stellte kein Problem dar. Da der Vogel auf einer Insel ohne Raubtiere lebte, zeigte er keine Furcht vor den plötzlich auftauchenden Seefahrern – ein Phänomen, das als Inselzahmheit oder ökologische Naivität bekannt ist –, und wurde dadurch zu einer leichten Beute.

Wann immer europäische Seefahrer im 16. oder 17. Jahrhundert auf Mauritius Halt machten, töteten sie Dronten, um frisches Fleisch für ihre oft hungrigen Mannschaften auf den langen Reisen durch den Indischen Ozean zu beschaffen. Verschiedene Berichte deuten darauf hin, dass das Fleisch der Dodos sich gut als Proviant für lange Seefahrten eignete. Es wird auch berichtet, dass Seeleute die Eier des Vogels in großen Mengen verzehrten.

Dennoch scheint der Dodo keine kulinarische Delikatesse gewesen zu sein. In van Necks Bericht aus dem Jahr 1598 heißt es: „Wir nennen sie Walckvögel, und zwar aus dem Grund, weil sie immer ungenießbarer werden, je länger man sie kocht.“ Der niederländische Begriff „Walckvogel“ kann als „widerlicher“, „geschmackloser“ oder „kränklicher Vogel“ übersetzt werden. Obwohl das Dodofleisch zäh war, hatten Seeleute, die auf Mauritius landeten, keine andere Wahl als es zu essen.

Etliche Jahre nach van Necks Expedition, zu Beginn des 17. Jahrhunderts, erreichte ein weiteres Schiff Mauritius. Im Bordbuch des Kapitäns finden sich Aufzeichnungen, die bezeugen, dass Dronten in großer Zahl getötet wurden. Eine auf Nahrungssuche ausgesandte Gruppe kehrte mit mehreren fetten Dodos zum Schiff zurück. „Drei oder vier von ihnen [ergaben] ein reichliches Mahl für die ganze Mannschaft“ und es blieb „noch eine gute Portion“ übrig. Zehn Tage später brachte die Gruppe 24 dieser Vögel; „alles, was übrigblieb, wurde eingesalzen“. Bei einer späteren Jagd erbeuteten sie „während der drei Tage, die sie unterwegs waren, ein weiteres halbes Hundert Vögel, darunter etwa 20 Dodos, die sie allesamt an Bord brachten und einpökelten“.

Die Dronte war nicht das einzige Tier auf Mauritius, das durch seine ökologische Naivität auffiel. Viele einheimische Tiere, darunter auch flugfähige Vögel, Schildkröten und andere Wildtiere, zeigten eine ungewöhnliche Zutraulichkeit. Ein Reisebericht aus dem Jahr 1611, der dem Dodo besondere Aufmerksamkeit schenkt, beschreibt dies folgendermaßen:

„In der Farbe sind sie grau; die Menschen nennen sie Totersten oder Walckvögel; es gibt sie dort in großer Zahl, so dass die Holländer täglich viele fingen und aßen. Denn nicht nur diese, sondern allgemein alle Vögel sind derart zahm, dass sie Turteltauben wie auch andere Tauben und Papageien mit Stöcken erschlugen und mit der bloßen Hand fingen. Sie ergriffen auch die Totersten oder Walckvögel mit den Händen, mussten aber gut aufpasse, dass diese Vögel sie nicht mit ihren Schnäbeln, die sehr stark, dick und gekrümmt sind, in die Arme oder Beine bissen; denn gewöhnlich beißen sie ungeheuer fest zu.“

Der Gesang des Dodo. 2001. S. 354. D. Quammen

Die fehlende Furcht vor Menschen, die in der isolierten Inselwelt von Mauritius keine evolutionäre Notwendigkeit hatte, machte die endemischen Tiere schutzlos gegenüber den neuen Bedrohungen, die mit den europäischen Siedlern auf die Insel kamen. Diese Naivität führte nicht nur zum Aussterben des Dodos, sondern auch vieler anderer Arten, wie etwa der Mauritius-Sattelrücken-Riesenschildkröte, der Mauritius-Ralle, der Mauritius-Gans oder des Maskarenen-Blässhuhns, die im 16. oder 17. Jahrhundert ebenfalls ausgerottet wurden.

Der wahre Grund für das Aussterben des Dodos

Dodo-Knochen
Im Jahr 2011 wiederentdeckte Dodo-Knochen im UCL Grant Museum of Zoology in London, England. Kein Museum besitzt ein vollständiges Dodo-Skelett. Die meisten der hier gezeigten Knochen sind Subfossilien, die lange nach dem Aussterben des Dodos gesammelt wurden. (© Doreen Fräßdorf, fotografiert im UCL Grant Museum of Zoology London, England, 2024)

Erkenntnisse aus der 2024er-Studie von Young und Gostling zeigen, dass der Dodo etwa 25 Millionen Jahre lang ohne Bedrohung auf Mauritius lebte – bis Ratten und Katzen von den Schiffen europäischer Seeleute auf die Insel gelangten.

Es ist daher unwahrscheinlich, dass das Verspeisen des Taubenvogels durch Seefahrer allein zu seinem Aussterben führte. Dennoch war der Mensch verantwortlich, da er invasive Arten wie Ratten, verwilderte Haustiere, Affen und Schweine auf die Insel brachte. Diese Tiere stellten eine erhebliche Bedrohung für die Dronte dar, die zuvor keine natürlichen Feinde auf Mauritius hatte. Sie zerstörten die sich am Boden befindlichen Nester des Vogels und fraßen seine Eier.

Aufgrund seiner Flugunfähigkeit war der Dodo gezwungen, sein Nest am Boden zu bauen. Historische Quellen berichten, dass Dronten in der Brutzeit nur ein einziges weißes, etwa birnengroßes Ei legten. Sollte dies zutreffen, war die geringe Anzahl an Eiern pro Gelege besonders problematisch für die Art. Diese niedrige Reproduktionsrate machte die Dronte extrem anfällig für Verluste, insbesondere durch invasive Arten, die seine wenigen Nachkommen bedrohten. Dies hätte verheerende Auswirkungen auf die Population und das langfristige Überleben der Art gehabt.

Für Quammen stellten vor allem die Schweine, die sich auf der Insel unkontrolliert vermehrten, die größte Bedrohung für die Dronten dar. Als Allesfresser waren sie nicht auf bestimmte Nahrungsquellen angewiesen, was zu einem ungebremsten Populationswachstum führte. So geht aus Berichten des späten 17. Jahrhunderts hervor, dass Schweine die Fortpflanzung der Land- und Meeresschildkröten erheblich beeinträchtigten, indem sie ihre Eier fraßen.

Weißer Dodo Kopie von Pierre Witthoos
Darstellung eines weißen Dodos. Es handelt sich um eine Kopie, die Frohawk 1907 von Pierre Withoos‘ Bild aus dem 17. Jahrhundert machte. (© Frederick William Frohawk, Public domain, via Wikimedia Commons)

Auch die Affen, die im 16. Jahrhundert aus unbekannten Gründen nach Mauritius gelangten, betrachtet Quammen als ernsthafte große Gefahr für die Dronte. Historische Aufzeichnungen aus dem Jahr 1709, als der Dodo längst ausgestorben war, berichten von etwa 4.000 Affen berichtet, die ein Reisender auf der Insel gesehen haben will. Die Affen, genauer gesagt die Javaneraffen (Macaca fascicularis), sind ebenfalls Allesfresser, die insbesondere bodenbrütenden Vögeln das Leben – und die Fortpflanzung – schwer machen.

Im Jahr 2006 entdeckte ein Forscherteam um Kenneth Rijsdijk auf Mauritius ein Massengrab mit Dodo-Knochen, anderen Tierknochen und Pflanzensamen, so ein Bericht der BBC. Diesen Fund werteten die Experten als Zeichen für einen möglichen weiteren Hinweis auf das Aussterben der Dronte. Er könnte auf eine Naturkatastrophe hindeuten – möglicherweise ein Zyklon oder ein plötzlicher Anstieg des Meeresspiegels –, was bereits vor der Ankunft der Menschen einen großen Teil der Dodo-Population ausgelöscht haben könnte.

Der Dodo und seine ausgestorbene Schwesterart, der Rodrigues-Solitär, sind ikonische Beispiele für die verheerenden Folgen menschlichen Einflusses auf die Natur. Diese ursprünglich flugfähigen Taubenarten starben vermutlich innerhalb eines Jahrhunderts nach ihrem ersten Kontakt mit Menschen aus.

Wann ist der Dodo ausgestorben?

Es dauerte bis ins 19. Jahrhundert, bis das Aussterben des Dodos anerkannt wurde, obwohl Seefahrer und Naturforscher bereits im 17. Jahrhundert von der Seltenheit der Vögel berichteten und die Franzosen bei der Wiederbesiedlung von Mauritius 1721 keine Dronten mehr vorfanden. Dies lag teilweise daran, dass aus religiösen Gründen das Aussterben von Arten als unmöglich galt, da dieses Konzept nicht mit dem damaligen Verständnis der Schöpfung vereinbar war. Erst George Cuvier, ein französischer Naturforscher und Paläontologe des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, widerlegte diese Ansicht. Er erkannte durch seine Arbeit mit Fossilien, dass bestimmte Arten, die in geologischen Schichten gefunden wurden, in späteren Schichten nicht mehr auftauchten. Er schlussfolgerte, dass diese Arten ausgestorben sein mussten.

Im Jahr 1833 wurde der Dodo im Penny Magazine, einer britischen Zeitschrift, die Bildung und Wissen einem breiten Publikum zugänglich machte, als exemplarisches Beispiel für durch Menschen verursachtes Aussterben präsentiert. Diese zu damaliger Zeit revolutionäre Darstellung trug maßgeblich dazu bei, das Konzept des Aussterbens durch menschliche Eingriffe in die öffentliche und wissenschaftliche Diskussion zu bringen. Der Artikel im Penny Magazine festigte das Bild des Dodos als ikonisches Symbol für das Aussterben von Arten und sensibilisierte die Gesellschaft für die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt.

Gipsabdruck von Kopf und Fuß eines Dodos aus dem Booth Museum of Natural History in Brighton, England. (© Ed Schipul from Houston, TX, US, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons)

Das genaue Aussterbedatum des Dodos bleibt ungewiss. Viele betrachten den letzten glaubwürdigen Bericht aus dem Jahr 1690, in dem der Engländer Benjamin Harry von einer Dronte auf Mauritius berichtete, als das Ende der Art. Auch die Weltnaturschutzunion IUCN geht davon aus, dass die Art nach 1690 nicht mehr existierte. Es gilt jedoch als nahezu sicher, dass der Dodo spätestens bis 1693 verschwunden war. In diesem Jahr erreichte der französische Entdecker François Leguat Mauritius, und in seiner Auflistung der auf der Insel vorkommenden Tiere tauchten Dronten nicht mehr auf.

Einige Experten sehen einen Augenzeugenbericht aus dem Jahr 1662 als das letzte sichere Lebenszeichen eines Dodos an. In diesem Jahr strandete der Niederländer Volquard Iversen (Volkert Evertsen) auf der Insel Mauritius, nachdem sein Schiff gesunken war. Iversen und seine Männer fanden die Insel unbewohnt vor und suchten nach Nahrung. Sie stießen auf keine Dodos mehr auf Mauritius selbst, entdeckten aber noch einige dieser Vögel auf einer kleinen, vorgelagerten Insel, die bei Ebbe zu Fuß gut erreichbar war. In Iversens Bericht heißt es:

„Neben anderen Vögeln, gab es auch solche, die von den Leuten in den indischen Kolonien ‚doddaersen‘ genannt werden; sie waren größer als Gänse, konnten aber nicht fliegen. Statt der Schwingen hatten sie kleine Flügellappen; sie konnten allerdings sehr schnell laufen.“

Der Gesang des Dodo. 2001. S. 362. D. Quammen

Neben dem interessanten Hinweis, dass Dodos schnelle Läufer waren, ist Iversens Bericht über Dodos auf einem kleinen Inselchen aus ökologischer Sicht durchaus plausibel. Vermutlich zogen sich die letzten verbliebenen Dronten auf die Insel zurück, um sich vor den eingeführten Tierarten zu schützen, die ihnen und ihren Eiern nachstellten. Leider töteten die Holländer einige dieser Dodos, die möglicherweise die letzten ihrer Art waren. Nach nur fünf Tagen wurden Iversen und seine Männer von einem vorbeifahrenden Schiff gerettet.

Der britische Ornithologe Anthony S. Cheke, ein Experte für die Vogelwelt der Maskarenen, hat die historischen Berichte eingehend untersucht. Dabei kam er zu dem Schluss, dass die letzten glaubwürdigen Aufzeichnungen über lebende Dodos aus dem Jahr 1662 stammen, als der Holländer Volquard Iversen sie erwähnte. Cheke vermutet, dass spätere Sichtungen wahrscheinlich fälschlicherweise die ebenfalls um 1700 ausgestorbene, flugunfähige Mauritius-Ralle (Aphanapteryx bonasia) betrafen.

Der britische Paläornithologe Julian P. Hume weist in Extinct Birds (2017) darauf hin, dass historische Berichte bis in die 1640er-Jahre immer wieder Hinweise auf Dodos enthalten, doch in den folgenden zwei Jahrzehnten verschwinden die Erwähnungen dieser Vögel. Seiner Meinung nach beschreibt Iversens Bericht von 1662 nicht zwangsläufig eine tatsächliche Begegnung mit Dronten, zumal unklar bleibt, um welche kleine Insel es sich gehandelt haben könnte. Hume betont in diesem Zusammenhang, dass es damals durchaus üblich war, Reiseberichte, insbesondere die von van Neck, zu kopieren, was die Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion erschwert.

Gab es mehr als nur eine Dodo-Art?

Weißer Dodo - Bild von Pieter Holsteyn II
Bild von Pieter Holsteyn II des nicht existierenden Weißen Dodo aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. (© Pieter Holsteyn II, Public domain, via Wikimedia Commons)

In einigen älteren Quellen, wie beispielsweise Igor Akimuschkins Buch Vom Aussterben bedroht? (1972), wird behauptet, es habe drei verschiedene Dodo-Arten gegeben, die auf den Maskarenen-Inseln – Mauritius, Réunion und Rodrigues – lebten. Neben dem klassischen Dodo werden dort der Rodrigues-Solitär und der Réunion-Solitär (Ornithaptera solitaria) oder Weißer Dodo (Raphus solitarius) genannt.

Jedoch stellte ein Forscherteam der Oxford University unter der Leitung der amerikanischen Biologin Beth Shapiro in einer DNA-Analyse im Jahr 2002 fest, dass der Dodo lediglich eng mit dem ausgestorbenen Rodrigues-Solitär und der noch heute existierenden flugfähigen, vorwiegend sich am Boden aufhaltenden Kragentaube (Caloenas nicobarica) verwandt ist.

Der sogenannte Weiße Dodo, der in früheren Berichten erwähnt wird, existierte nach neuesten Erkenntnissen nie. Wissenschaftler vermuten, dass es sich dabei wahrscheinlich um den ebenfalls ausgestorbenen Réunion-Ibis handelte, der auf der Insel Réunion beheimatet war. Dies erklärt auch, warum bis heute keine fossilen Überreste eines Dodos auf Réunion gefunden wurden.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden zahlreiche Dodo-Arten beschrieben, was zu großer Verwirrung führte, da nicht klar war, welche Arten tatsächlich existierten. Die Aufzeichnungen über diese vermeintlichen Arten sind oft widersprüchlich, ungenau und unzuverlässig. In ihrer 2024 veröffentlichten Studie verschafften sich die Forscher Young und Gostling einen umfassenden historischen Überblick über die Nomenklatur des Dodos und des Rodrigues-Solitärs. Sie untersuchten alte Exemplare, Berichte über lebende Dodos und frühe taxonomische Beschreibungen, um Fakten von Fiktion zu trennen. Dabei stellten sie fest, dass viele der beschriebenen Arten fiktiv waren, wie etwa der Nazarene Dodo (Didus nazarenus). Der Rodrigues-Solitär hingegen, der lange Zeit als mythologisch galt, existierte tatsächlich und lebte auf der benachbarten Insel Rodrigues.

Die geringe Menge an erhaltenem Material in naturhistorischen Sammlungen führte dazu, dass Naturforscher des 18. und frühen 19. Jahrhunderts die wissenschaftlichen Namen für Dodo-Arten oft auf Berichte stützten, die vor dem Aussterben der Arten verfasst worden waren. Daher wurden keine Typusexemplare für den Dodo oder den Solitär benannt.

Wie der Dodo zur Taube wurde

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren keine fossilen Überreste des Dodos entdeckt worden, was dazu führte, dass einige Experten um 1800 herum seine Existenz in Zweifel zogen. Dies geschah trotz der Tatsache, dass ein Kopf und ein Fuß in Oxford, ein weiterer Fuß in London sowie Schädel in Prag und Kopenhagen von lebend gefangenen Vögeln erhalten geblieben waren. Viele hielten den Dodo dennoch für eine mythologische Kreatur.

Knochen Raphus cucullatus aus "The Dodo and its Kindred"
Knochen-Illustration aus The Dodo and its Kindred. (© Melville, Alexander Gordon; Strickland, H. E., Public domain, via Wikimedia Commons)

Die britischen Naturforscher John S. Duncan (1828) und William J. Broderip (1837) gehörten zu den ersten, die alle verfügbaren Informationen über den Dodo sammelten, um zu beweisen, dass es sich um eine reale Art und nicht um eine mythologische Figur handelte. Die erste umfassende Dodo-Monographie The Dodo and its Kindred, veröffentlicht von Hugh E. Strickland und Alexander G. Melville im Jahr 1848, hatte zum Ziel, Mythos und Realität zu trennen. In dieser Arbeit beschreibt der Anatom Melville die physischen Überreste des Dodos und vergleicht den Vogel mit den damals bekannten Überresten des Rodrigues-Solitärs.

Die Autoren erhielten die Erlaubnis, den Kopf des Oxford-Dodos zu sezieren, was schließlich bestätigte, dass der Vogel eine riesige bodenbewohnende Taube war. Der Vergleich mit dem Solitär zeigte, dass die beiden Vögel zwar nicht identisch waren, aber viele charakteristische Merkmale der Beinknochen teilten, die man nur von Tauben kennt. Bereits 1842 hatte der dänische Zoologe Johannes Theodor Reinhardt nach der Untersuchung eines Dodo-Schädels die umstrittene Theorie aufgestellt, dass der Dodo zur Familie der Tauben gehört. Diese Ansicht wurde anfangs belächelt, denn zuvor hatten Wissenschaftler spekuliert, ob die Dronte ein kleiner Strauß, eine Ralle, ein Albatros oder gar ein Geier sei.

Die Monographie von Strickland und Melville weckte großes öffentliches und wissenschaftliches Interesse an dem Vogel und löste einen Wettlauf um die Entdeckung der ersten Dodo-Fossilien aus.

Erste fossile Funde und der darauf folgende Streit

Im Jahr 1865 stieß Harry Higginson, der für die Regierung der Mauritius Eisenbahn arbeitete, zufällig auf Arbeiter, die in einem sumpfigen Gebiet namens Mare aux Songes Knochen ausgruben. Er erinnert sich an diesen Moment in seinen Reminiscences of Life and Travel 1859-1872:

„Kurz vor der Fertigstellung der Eisenbahn ging ich eines Morgens entlang des Damms, als ich bemerkte, dass einige [Arbeiter] Torfboden aus einem kleinen Morast entfernten. Sie trennten und legten eine Reihe von Knochen verschiedener Art in Haufen, zusammen mit anderen Überresten. Ich hielt an und untersuchte sie, da sie offenbar von Vögeln und Reptilien stammten, und wir waren immer auf der Suche nach den Knochen des damals noch als mythisch geltenden Dodos. Also füllte ich meine Taschen mit den vielversprechendsten für eine genauere Untersuchung.“

Reminiscences of Life and Travel 1859-1872. 1891. H. Higginson

Higginson brachte die Knochen zu George Clark, der ebenfalls auf Mauritius war und „Professor Owens Buch über den Dodo“ besaß, um die Funde mit den Abbildungen im Buch zu vergleichen. Es stellte sich heraus, dass viele der Knochen zweifellos vom Dodo stammten. Daraufhin erhielt Clark den Auftrag, die Suche nach weiterem Knochenmaterial im Mare aux Songes im Südwesten von Mauritius zu leiten. Higginson erinnert sich weiter:

„Ich schickte eine Kiste voller Knochen an die Museen in Liverpool, York und Leeds, wovon im erstgenannten ein komplettes Skelett errichtet wurde. Dies ist der einzige Ort auf der Welt, an dem diese Knochen gefunden wurden; und alle, die heute in verschiedenen Sammlungen zu sehen sind, stammen aus demselben Sumpf, der nur 200 Fuß im Durchmesser misst.“

Reminiscences of Life and Travel 1859-1872. 1891. H. Higginson

Die Entdeckung der ersten fossilen Dodo-Überreste im Mare aux Songes-Sumpf führte zu einem intensiven Bestreben, die postkraniale Anatomie des Vogels wissenschaftlich zu dokumentieren, wie in How Oven ’stole‘ the Dodo (2009) von Hume und Cheke beschrieben.

Richard Owen1856
Trotz seines oft unkollegialen Verhaltens gilt Richard Owen heute als einer der bedeutendsten Naturforscher des Viktorianischen Zeitalters, direkt nach Charles Darwin. Seine anfangs respektvolle Beziehung zu Darwin entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer erbitterten Feindschaft. (© Maull & Polyblank, Public domain, via Wikimedia Commons)

George Clark, der den Fundort vermutlich entdeckt hatte, schickte zunächst Knochenproben an Richard Owen, einen renommierten Vergleichsanatomen am British Museum. Später sandte er weiteres Material über Edward Newton, der auf Mauritius stationiert war, an dessen Bruder, den Zoologen Alfred Newton in Cambridge. Nachdem Owen die erste Sendung erhalten hatte, fing er jedoch das für Alfred Newton bestimmte Material ab und nutzte seine Position, um Beschwerden seitens der Newtons zuvorzukommen.

Owen veröffentlichte daraufhin als Erster seine Ergebnisse und stellte die Bedeutung seiner Entdeckungen in öffentlichen Vorträgen und Ausstellungen heraus. Gleichzeitig sorgte er dafür, dass Clark finanziell belohnt wurde, um seine Unterstützung zu sichern. Dieses Vorgehen führte zu erheblichen Spannungen, insbesondere mit den Newton-Brüdern, die sich übergangen fühlten. Hinzu kamen Clarks Streitigkeiten mit Higginson, der ebenfalls Ansprüche auf den Fundort erhob. Clark versuchte, die Fülle an Dodo-Knochen zu verschleiern, um die Preise für die wertvollen Fossilien hochzuhalten, was zu weiteren Konflikten führte.

Diese Rivalität zwischen Owen und den Newton-Brüdern, befeuert durch akademische Eifersucht und den Kampf um wissenschaftliche Anerkennung, endete in einer dauerhaften Fehde. Owen ließ es sich dennoch nicht nehmen, die Skelettanatomie des Dodos formell in seinen Werken Memoir on the Dodo (Didus ineptus) (1866) und On the Dodo (Part II) (1872) zu beschreiben, ohne dabei Clark und die Newtons angemessen zu würdigen.

Weitere wichtige Funde

Dodo-Skelett in London
Zusammengesetztes Skelett eines Dodos. (© Doreen Fräßdorf, fotografiert im Natural History Museum in London, England, 2024)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckte der Sammler Etienne Thirioux ein nahezu vollständiges Skelett eines Dodos, vermutlich in einer Talhöhle an den Hängen des Le Pouce, dem dritthöchsten Berg auf Mauritius. Im Jahr 2006 wurde bei einer Untersuchung mauritischer Höhlen auf Kakerlaken zufällig ein weiteres Dodo-Skelett, bekannt als „Dodo Fred“, entdeckt. Dieses Skelett wurde nach dem Höhlenforscher benannt, der die Knochen fand, und stammt aus einer Lavahöhle im Hochland von Mauritius. Es ist das zweite gefundene Skelett eines Dodos, das eindeutig einem einzelnen Individuum zugeordnet werden kann. Laut Julian Hume lässt die Entdeckung dieser beiden nahezu vollständigen Skelette darauf schließen, dass die Dodos sowohl im zentralen Gebirge als auch in den Tiefland- und Küstenregionen der Insel verbreitet waren.

In The Discovery of a Dodo in a Highland Mauritian Cave (2016) schildern der Höhlenforscher Gregory J. Middleton und Julian Hume die Umstände der Entdeckung von Dodo Fred. Diese Entdeckung wurde zunächst als bedeutender wissenschaftlicher Durchbruch gefeiert, da es sich um das am besten erhaltene und vollständigste bekannte Skelett eines Dodos handelt, das von einem einzigen Individuum stammt. Besonders bemerkenswert ist, dass Dodo Fred in seiner ursprünglichen Todesposition gefunden wurde. Sein Körper rutschte offenbar in eine kleine Felsspalte, wobei ein Teil des Schnabels und ein Fuß an der Oberfläche sichtbar blieben.

Die meisten anderen Dodo-Knochen wurden im sumpfigen Mare aux Songes gefunden, wo das heiße, feuchte und saure Umfeld die Erhaltung von DNA stark beeinträchtigt hat. Die Wissenschaftler hofften, dass die Höhlenumgebung bessere Bedingungen für die DNA-Konservierung bieten könnte, da die Knochen dort nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt waren und die Temperatur relativ konstant blieb. Leider zeigten spätere Untersuchungen, dass das Skelett kein überlebendes Kollagen enthielt, was darauf hinweist, dass auch die DNA verloren gegangen ist. Trotz dieses Rückschlags bleibt der Fund von Dodo Fred wissenschaftlich bedeutsam, da er den bekannten Lebensraum der Dronten auf die kühleren, feuchteren Hochlandregionen von Mauritius ausdehnt und das Interesse an dieser ikonischen Art erneut geweckt hat.

Weltweit verfügen 26 Museen über bedeutende Sammlungen von Dodo-Überresten, die fast alle aus dem Sumpfgebiet Mare aux Songes stammen. Einige dieser Museen, darunter das Natural History Museum in London, das American Museum of Natural History, das Zoologische Museum der Universität Cambridge und das Senckenberg Museum in Frankfurt/Main, besitzen nahezu vollständige Skelette, die aus den verstreuten subfossilen Überresten mehrerer Dodos zusammengesetzt wurden. Im Jahr 2011 entdeckte man im Grant Museum des University College London bei Umzugsvorbereitungen eine Holzkiste wieder, die Dodo-Knochen aus der Edwardianischen Ära (1901-1910) enthielt und bis dahin zusammen mit Krokodilknochen aufbewahrt worden war.

Kann man den Dodo klonen?

Am 31. Januar 2023 kündigten die Wissenschaftler von Colossal Biosciences an, dass sie den Dodo mithilfe moderner Gentechnik wiederbeleben wollen. Zuvor hatte das Start-up bereits Pläne bekannt gegeben, das Mammut und den Beutelwolf zu klonen.

Kragentaube
Die eng mit dem Dodo verwandte Kragentaube könnte als Leihmutter für den geklonten Vogel dienen. (© Tomfriedel, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons)

Die Forscher stützen sich auf die Arbeiten von Beth Shapiro aus dem Jahr 2002, bei denen es gelang, die mitochondriale DNA des Dodos zu rekonstruieren. Da dieses genetische Material nach Jahrhunderten jedoch stark degradiert ist, reicht es allein nicht aus, um den Vogel zu klonen. Stattdessen planen die Wissenschaftler, das Genom der eng verwandten Kragentaube (Caloenas nicobarica) so zu modifizieren, dass ein Vogel entsteht, der dem Dodo sehr ähnlich ist. Das genetisch veränderte Material würde dann in eine Eizelle der Kragentaube eingesetzt, und im besten Fall würde daraus ein lebensfähiger Nachkomme entstehen.

Das Klonen einer ausgestorbenen Art ist jedoch nicht nur technisch herausfordernd, sondern wirft auch weitere Probleme auf: Eine der größten Herausforderungen besteht darin, dass es keine lebenden Dodos mehr gibt, die den geklonten Nachkommen das nötige Sozialverhalten beibringen könnten. Außerdem müsste der geklonte Vogel in eine Umgebung zurückkehren, die sich seit dem 17. Jahrhundert erheblich verändert hat. Die heutigen Ökosysteme auf Mauritius unterscheiden sich stark von denen, in denen der Dodo einst lebte, was die Überlebenschancen eines solchen Tieres in freier Wildbahn erheblich beeinträchtigen könnte.

Obwohl es bisher noch nicht gelungen ist, Vögel erfolgreich zu klonen, haben die Bemühungen von Colossal Biosciences bereits zur Entwicklung neuer Werkzeuge in der Vogelgenomik geführt. Diese könnten möglicherweise genutzt werden, um gefährdete Arten zu retten, indem die genetische Vielfalt kleiner Populationen erhöht wird. Angesichts dieser Möglichkeiten stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, diese Ressourcen in den Schutz bedrohter Arten zu investieren, anstatt einen Dodo-Klon zu erschaffen, der letztlich nur eine Annäherung an den ursprünglichen Vogel darstellt.

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